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Beat, Mai 2006
Der leitende Beat-Testredakteur traf Ghia zum Technik-Plausch über MIDI-Controller auf der Bühne und im Studio.
Beat: Wie sieht generell dein Studio-Set-up aus?
Ghia: Ein Großteil aller Sounds kommt aus diversen Softwaresynths wie zum Beispiel FM7, Pro 53, Absynth, Albino, Vanguard, dem Korg Legacy Bundle, EVP 88 oder ES2. Sehr gerne verwende ich auch das Ivory Piano, der meiner Meinung nach authentischste Klaviersampler.
Ebenso wichtig sind für mich die Spectrasonics-Plugins. Durch die Midi-Recycle-Fähigkeit vom Stylus RMX sind alle Drumloops sofort editierbar, was meine Liebe zum Detail beim Produzieren unterstützt. Für weitere Natursounds arbeite ich gerne mit diversen Soft-Samplern.
Neben der Software verwende ich jedoch auch noch heute einige alte Synths, die ich mir damals anschaffte, als ich noch am Atari produzierte, wie den Roland XP-30, Planet Phatt, Orbit oder Access Virus. Durch den Luxus des „Echtzeit-Schraubens“ an der Hardware, ist in viel kürzerer Zeit eine gezielte Editierbarkeit möglich als durch Kombination von „Mausgeklicke“ oder relativ aufwendigen Kontrollerzuordnungen. Und man sollte natürlich auch nicht den warmen analogen Sound vergessen!
Beat: Mit welchem Equipment trittst du Live auf?
Ghia: Für mein Popmusik-Electronic-Projekt „die elfen“ verwende ich live eine Kombination aus Halbplaybacks, live gespielten Synths und Arrangements, die von Logic gestartet werden. Oft treten wir zudem auch mit Band auf, je nach Budget des Veranstalters.
Um dem Playback-Feeling etwas mehr Charme zu verleihen, lege ich diese als DJane auf den Technics CD-Playern SL DZ – 1200 auf, die einen analogen Plattenteller als Interface haben. Hierbei habe ich dann sogar noch die Möglichkeit, die Instrumentals zu scratchen und zu mischen. Für Live-Feeling sorgen der Virus und MB33, Flächen, Pianos, Orgeln etc. spiele ich gerne am Roland XP-30 und Yamaha P - 80.
Beat: Wie gehst du bei der Programmierung solcher Set-ups vor?
Ghia: Der erste Schritt ist die Erstellung der Halbplaybacks. Je nachdem mit welcher Bandbesetzung wir auftreten, lasse ich in den Songs Drums, Gitarren, Keyboards, Vocals etc. weg und arrangiere von der kompakten Version auf eine dynamische Live-Variante. Danach programmiere ich spezielle Soundbänke für den Gig auf meinen Synthies. Wichtig ist dabei, dass ich durch wenige Knopfdrücke zu allen gewünschten Sounds Zugriff habe. Ich plane zudem im Vorfeld genau, wie und wann ich welchen Sound auf der Bühne editieren werde.
Zudem erstelle ich mir eine Live-Samplelibary, die ich mir auf die Buttons vom MPC 2000 lege. Oft verwende ich auch ein Live-Arrange, das ich vom Labtop starte. Hier programmiere ich z.B. bestimmte Sequenzen für Synthesizer, die ich in Echtzeit nicht spielen kann. (Somit kann ich mich auf der Bühne ganz auf die Editierung der Sounds oder den Gesang zu konzentrieren.)
Sehr wichtig ist mir auch, dass ich in vielen Titeln bewusst Platz schaffe, damit man live mit dem Publikum agieren kann, und die Band innerhalb der Songs die Möglichkeit bekommt, auch ohne eine zeitliche Vorgabe spielen zu können. Diese Stellen plane ich im Vorfeld genau und erstelle mir einen Plan, wann ich das Playback wieder starten kann, so dass alle Musiker ihren Einstieg finden.
Beat: Worin unterscheidet sich die Arbeit beim Live- und Studio-Einsatz von Controllern?
Ghia: Für die Bühne plane ich jeden Arbeitsschritt, so dass ich im Vorfeld alle mir bekannten Risiken ausschließen kann. Für meine oft sehr komplexen Studioproduktionen nehme ich mir hingegen viel Zeit zum Experimentieren. Meistens habe ich Arrangements von über 80 Spuren vorliegen, die ich dann für Liveauftritte auf ca. 10 Spuren minimiere.
Besonders wichtig sind natürlich auch Backups. Wenn mein Laptop z.B. mal versagen sollte, habe ich immer noch die Technics-CD-Player-Plattenspieler, auf denen ich dann speziell für diesen Zweck erstellte Playbacks starten könnte.
Beat: Automatisierst du auch Parameter der Klangerzeugung?
Ghia: Dank der Logic-Automation wird es einem heutzutage kinderleicht gemacht. Ich bewege einen Parameter vom Synth und per „Touch“-Einstellung wird diese Bewegung sofort im Arrange aufgezeichnet. Ich liebe es auch, diese Kurven im Nachhinein noch zu editieren. Extrem viele Spuren eines Arrangements von mir enthalten Kontrollerbefehle (Panning, Volume, Resonance, Cutoff, Delays,) Sehr gerne automatisiere ich auch den Reverb-Output der Vocalspur, wodurch ich den Hall komplett an die Gesangsdynamik anpassen kann.
Beat: Worauf kommt es dir bei einem guten Midi-Controller für den Live-Einsatz an?
Ghia: Eine gute Anordnung der Fader und Potis ist extrem wichtig, um sich live nicht zu verirren. Eine vollkommen freie und individuelle Programmierbarkeit sollte gegeben sein, sowohl an der Hardware als auch vom Rechner aus.
Beat: Wie beurteilst du als Musikerin die Tastaturen aktueller Masterkeyboards?
Ghia: Da man heutzutage eine Riesenauswahl an Masterkeyboards hat, ist es sicherlich sehr einfach, die passende Tastatur für sich zu finden. Ich habe mich für das Yamaha P-80 entschieden, was ich gleichzeitig auf der Bühne als Stagepiano verwende. Auch im Studio ist es mir sehr wichtig, dass die Tastatur so nah wie möglich dem echten Klavier kommt, denn beim Einspielen achte ich stets auf Dynamik und emotionale Spielweise.
Beat: Was hältst du von den gerade populären All-in-one-Lösungen aus MIDI-Interface, Controller und Audio-Interface?
Ghia: Ich finde die Idee eines Midi-Audio Interfaces sehr platz- und geldsparend. Dank der ständigen Verbesserung der Rechnerleistungen verlagert sich auch die Musikproduktion immer mehr auf virtuelle Klangerzeuger, und somit benötigt man nicht mehr zwingend mehrere Midi Ein- und Ausgänge.
Beat: MIDI-Controller werden gerade zum Intelligent-Device aufgerüstet. Fluch oder Segen für den Live-Musiker?
Ghia: Generell finde ich diese Entwicklung sehr begrüßenswert, denn so kann man ja kaum noch etwas falsch machen. Tritt dann dennoch ein Fehler auf, hat man allerdings nicht mehr so viele Konfigurationsmöglichkeiten wie bisher.
Beat: Reicht aus musikalischer Sicht die MIDI-Auflösung noch aus?
Ghia: 127 Datenschritte sind natürlich sehr grob, und nach ca. 23 Jahren wäre ein modernerer Standard mit Sicherheit angebracht
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